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Forschung

 

Eine gute Tat für die Lungen-Forschung

Durch die Teilnahme an einer medizinischen Studie können Patient:innen den Wissenschaftler:innen helfen, Krankheiten wie Asthma besser zu verstehen

Dienst an der Gesellschaft

„Pusten, Pusten, Pusten uuuuuund jetzt Luft anhalten.“ Laut, deutlich und militärisch streng leitet Study Nurse Regine Wieland durch den Lungenfunktionstest im Bodyplethysmographen, einer geschlossenen, gläsernen Kabine mit Atemtestgerät. Klare Ansagen sind sehr wichtig, um bestmögliche Messergebnisse zu erreichen. Trotz ihrer eindeutigen Ansagen fällt mir die Umsetzung schwer. Als Referentin der Unternehmenskommunikation und Marketing schreibe ich immer nur über andere, doch nun bin ich, Rebecca Bellano, plötzlich selbst Teil der Geschichte. An der Lungenfachklinik in Großhansdorf werden zahlreiche Lungenkrankheiten erforscht. Der Schwerpunkt liegt auf Asthma, COPD und Lungenkrebs. Als Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL), aber auch für den Bereich Onkologische Forschung werden regelmäßig in das jeweilige Studienprofil passende Patient:innen der LungenClinic gebeten, ihre Daten für die Forschung zur Verfügung zu stellen und hierfür zusätzliche Untersuchungen durchführen zu lassen. Für die Patient:innen ist dies von Vorteil, weil sie so kostenfrei noch mehr Informationen über ihren Gesundheitszustand bekommen und zudem zusätzliche Ansprechpartner:innen erhalten. Viele Patient:innen betonen aber auch, es als Dienst an der Gesellschaft zu sehen, als Teilnehmer:innen einer Studie bei der Erforschung der jeweiligen Krankheit zu helfen und so nach ihnen kommenden Patient:innen eine bessere Behandlungsoption zu ermöglichen.

Patient:innen erhalten über Studien-Teilnahme auch selbst mehr Informationen über ihre Erkrankung

Als lungengesunde Teilnehmerin der Studie Asthma-Studie ALLIANCE durchlaufe ich nun alle Untersuchungen einmal selbst. Bei ALLIANCE handelt sich um eine Beobachtungsstudie, die das Ziel hat, „Asthma besser zu verstehen, bessere Voraussagen über den Krankheitsverlauf machen zu können und neue Ansätze für individualisierte Behandlungsansätze zu finden“, so das DZL. Hierfür werden auch Daten von lungengesunden Teilnehmer:innen als Kontrollgruppe benötigt.

Nach einem Aufklärungsgespräch mit dem diensthabenden Forschungsarzt Dr. Mustafa Abdo, in dem noch einmal der umfassende, vorab ausgefüllte Fragebogen thematisiert wird und auf Erkrankungen jeglicher Art eingegangen wird, folgen das Abhören der Atemwege, eine Blutabnahme, bei der unter anderem Entzündungsmarker und IgE-Antikörper zur Allergie-Diagnostik überprüft werden, sowie ein Rachen- und Nasenabstrich. Auch wird ein weiterer Nasenabstrich durchgeführt, um Nasenepitelzellen für eine Laboruntersuchung zu gewinnen. Nach Messung von Puls und Blutdruck, Größe und Gewicht samt Körperfettwaage und Prick-Allergietest, was alles von der Study Nurse durchgeführt wird, folgt die bereits erwähnte erste Untersuchung im Bodyplethysmographen. Es werden drei Messungen gemacht, bei denen die Einatmung und Ausatmung untersucht werden und zudem durch einen Widerstand das Residualvolumen gemessen wird. „Das Residualvolumen bezeichnet die Luftmenge, die bei maximaler Ausatmung in der Lunge verbleibt“, informiert Regine Wieland. „Der Messwert bietet einen Anhaltspunkt für eine Lungenerkrankung wie z.B. COPD“, klärt sie weiter auf. Es folgt die Messung der Diffusions-Kapazität durch tiefes Einatmen, acht Sekunden Luft anhalten und Ausatmung, um die Fähigkeit der Lunge zur Aufnahme von Sauerstoff aus der Luft zu ermitteln.

Nach Abhören der Atemwege, Blutabnahme, Rachen- und Nasenabstrich, Messung von Puls und Blutdruck, Größe und Gewicht samt Körperfettwaage und Prick-Allergietest folgen Atemtests

Nach den Messungen müssen vier Hub Salbutamol inhaliert werden, um nach einer Viertelstunde Einwirkzeit erneut im Bodyplethysmographen die Lunge zu untersuchen, dann aber mit künstlich durch das Medikament erweiterte Bronchien. In der Zwischenzeit geht es weiter zur FeNO Messung, bei der ich als ungeübte Lungengesunde völlig versage. Mit dieser Messung kann festgestellt werden, ob spezifische Entzündungszellen vermehrt in den Atemwegen vorkommen. Da Lungengesunde nicht mit ihrem Atem haushalten müssen, ist die für die Messung benötigte Feineinstellung des eigenen Atems mir völlig fremd. Lungenkranke hingegen müssen ihre Atmung bewusster einsetzen, während ich erstmals darüber nachdenke, wie es wohl ist, die natürlichste Sache der Welt, das Atmen, nur eingeschränkt nutzen zu können. Nach anschließender Inhalation mit Salzlösungen in jeweils aufsteigender Konzentration wird jedes Mal durch Abhusten versucht, Sekret der Atemwege, das sogenannte Sputum, für die Untersuchung im Labor zu gewinnen. 

Lungenkranke müssen ihre Atmung bewusster einsetzen, während das Atmen für Lungengesunde die natürlichste Sache der Welt ist
Die Teilnahme an der Studie dauert rund drei Stunden und nach dem kleinen Lungenfunktionstest, der Spirometrie, geht es wieder in den Bodyplethysmographen. Dieses Mal fallen die Messungen einfacher. Mit dem Anlegen eines Aktigraphen am Oberarm für eine Woche enden die Untersuchungen.  Das Messgerät erfasst die Bewegungsaktivität der Teilnehmerinnen sowie Ruhe- und Schlafzeiten und den Energieumsatz. 

Regine Wieland überreicht am Ende viele Zettel mit den Untersuchungs-Ergebnissen und erklärt diese. Sie legt die Werte eines schwer Asthma-Kranken daneben und macht so deutlich, wie gut die ermittelten Werte sind und was es bedeutet, nicht das Glück zu haben, eine gesunde Lunge zu haben. Zugegeben, mein Körperfett-Wert ist nicht optimal, aber das ist eine andere Baustelle, von der ich auch schon wusste. Eine Woche später erhalte ich die Blutwerte, die unauffällig sind und offenbaren, dass es keinen Hinweis auf eine Allergie gibt. 

Schon jetzt konnten die Forscher aus den Datenmaterial Erkenntnisse gewinnen, die die Behandlung der rund 3,5 Millionen Asthma-Kranken in Deutschland individueller auf das persönliche Krankheitsbild zuschneiden lassen

Die LungenClinic hat in den letzten Jahren gut 400 Asthma-Patient:innen und 100 Lungengesunde für die ALLIANCE in die Studie eingebracht, an der auch zahlreiche andere Kliniken teilnehmen, die allerdings nur Kinder in die Studie aufnehmen. Auf diese Daten können Forscher des DZL für ihre Arbeit zu besseren Behandlung von Asthma zugreifen. Und schon jetzt konnten sie aus den Datenmaterial Erkenntnisse gewinnen, die die Behandlung der rund 3,5 Millionen Asthma-Kranken in Deutschland individueller auf das persönliche Krankheitsbild zuschneiden lässt. Und somit ist die Teilnahme an einer Studie definitiv eine gute Tat (inklusive Aufwandsentschädigung)! Rebecca Bellano